Drei Forschende aus Bern erhalten den Pfizer-Preis 2022

Die drei Immunologinnen und Immunologen der Universität Bern und des Inselspitals, Universitätsspital Bern Stephanie Ganal-Vonarburg, Hai Li und Julien Limenitakis werden für ihre gemeinsame Arbeit mit einem Pfizer-Forschungspreis ausgezeichnet. Die Forschenden publizierten zu Fragen der "Programmierung" des Immunsystems durch Darmbakterien.

Der Pfizer Forschungspreis ist einer der bedeutendsten Forschungspreise für Medizin in der Schweiz. Er geht alljährlich an herausragende junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die an Schweizer Forschungsinstituten oder Spitälern hervorragende und zukunftsweisende Beiträge im Bereich der Grundlagenforschung oder der klinischen Forschung erbracht haben. Die Preise sind mit je 15'000 Schweizer Franken dotiert und werden auf Antrag unabhängiger wissenschaftlicher Kommissionen in fünf Bereichen vergeben.

Für ihre gemeinsame Arbeit ausgezeichnet werden Prof. Dr. Stephanie Ganal-Vonarburg, Dr. Hai Li und Dr. Julien Limenitakis vom Department für BioMedical Research (DBMR) der Universität Bern und von der Universitätsklinik für Viszerale Chirurgie und Medizin am Inselspital, Universitätsspital Bern. Sie haben in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Andrew Macpherson entdeckt, dass Darmbakterien unsere Antikörper «programmieren» können.

Prof. Dr. med. Claudio Bassetti, Dekan der Medizinischen Fakultät der Universität Bern: «Ich freue mich sehr über diesen Erfolg. Die Pfizer Forschungspreise sind eine wichtige Anerkennung für Berner Forscherinnen und Forscher – und auch für das starke Commitment unserer Fakultät für die Nachwuchsförderung.»

Darmbakterien regen weisse Blutkörperchen zur Bildung von Antikörpern an

In den vergangenen Jahren wurden neue Erkenntnisse darüber gewonnen, welchen Einfluss gutartige Bakterien, die unter anderem die Darmschleimhaut besiedeln, auf unser Immunsystem haben. Allerdings war weitgehend unklar, welchen Einfluss diese nützlichen, unschädlichen Mikroorganismen zu B-Zellen haben. B-Zellen sind weisse Blutkörperchen, ein entscheidender Bestandteil unseres Immunsystems. Sie erkennen körperfremde Strukturen und bilden spezifische Antikörper.

Hai Li, Julien Limenitakis und Stephanie Ganal-Vonarburg wollten wissen, wie, wann und wo die Darmbakterien auf Schleimhäuten die B-Zellen im Körper beeinflussen. Dabei standen die drei vor der Herausforderung, dass sowohl die Darmbakterien als auch die unterschiedlichen B-Zellen jeweils hochkomplexe und sehr individuelle Systeme bilden. Die Forschenden kolonisierten keimfreie Mäuse mit verschiedenen unschädlichen Bakterienstämmen und sequenzierten daraufhin die DNA der B-Zellen und deren Antikörper. Dabei zeigte sich, dass die Bakterien deutlichen Einfluss auf diese Immunzellen nehmen und deren Zusammensetzung regelrecht «programmieren». Je nachdem welche Bakterien in welcher Ausprägung verwendet wurden, veränderte sich in den Mäusen das Repertoire an B-Zellen, sowie deren Antikörperantwort.

«Unsere Arbeit unterstreicht, wie wichtig eine gesunde Darmflora für den Wirtsorganismus ist. Denn abhängig vom B-Zell-Bestand, der sich in einer frühen Lebensphase durch den Kontakt zu unterschiedlichen Mikroorganismen aufbaut, erfolgen unterschiedliche Reaktionen des Immunsystems in Form von Entzündungen oder Abwehrreaktionen», sagt Prof. Stephanie Ganal-Vonarburg.

Die Ergebnisse der drei Forschenden aus Bern zeigen detailliert, wie gutartige Bakterien «ihr» B-Zell-Repertoire bei den untersuchten Mäusen formen. Da der relevante Teil der Besiedelung mit Mikroorganismen früh im Leben geschieht, hat möglicherweise die Entwicklung des B-Zell-Repertoires in dieser kritischen Periode auch Einfluss auf die nachfolgenden Immunantworten bei Infektionen und Impfungen.

 

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Dr. Hai Li wurde in der Provinz Shandong, China, geboren. Von 2001 bis 2005 machte er seinen Bachelor of Science in Biotechnologie an der Shandong Normal University, China. Danach kam er in die Schweiz, um sein Forschungsinteresse an Mikrobiologie und Immunologie als Postdoktorand im Labor von Prof. Andrew Macpherson am Departement für BioMedizinische Forschung der Universität Bern fortzusetzen.

Dr. Julien Limenitakis wurde in Clermont-Ferrand (Frankreich) geboren. Von 2001 bis 2007 studierte er Molekularbiologie an der Université Blaise-Pascal in Clermont-Ferrand (Frankreich) und an der Universität Genf (Schweiz). Seinen Doktortitel in Molekularbiologie und Parasitologie erhielt er 2011 im Labor von Professor Dominique Soldati-Favre an der Universität Genf. Seit 2017 setzt Limenitakis seine Zusammenarbeit mit der Gruppe von Andrew Macpherson als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Inselspital fort und arbeitet an Projekten, die sich auf computergestützte Werkzeuge stützen, um die Antikörperrepertoires zu entschlüsseln, die als Reaktion auf die mikrobielle Besiedlung des Darms gebildet werden. Die Ergebnisse dieser Studie wurden 2020 in der Zeitschrift Nature veröffentlicht.

Prof. Dr. Stephanie Ganal-Vonarburg wurde in Offenburg (Deutschland) geboren. Von 2003 bis 2009 studierte sie Molekulare Medizin an der Universität Freiburg und an der University of British Columbia in Vancouver, Kanada. Anschliessend promovierte sie im Labor von Professor Andreas Diefenbach an der Universität Freiburg in Molekularer Medizin und Immunologie und erhielt 2013 ihren Doktortitel (Dr. rer. nat.). Mit Hilfe eines Marie-Curie-Stipendiums der Europäischen Union und eines EMBO-Stipendiums kam Ganal-Vonarburg 2013 als Postdoktorandin in die Schweiz. Von 2013 bis 2019 arbeitete sie im Labor von Professor Andrew Macpherson am Departement für BioMedizinische Forschung der Universität Bern und untersuchte die Rolle der mütterlichen Mikrobiota bei der Entwicklung des kindlichen Immunsystems und die Auswirkungen der Besiedlung mit Kommensalen auf die B-Zell-Reaktionen. Die Ergebnisse dieser Studien wurden 2016 in der Fachzeitschrift Science und 2020 in Nature veröffentlicht. Im Jahr 2019 wurde sie mit einer Peter Hans Hofschneider-Stiftungsprofessur ausgezeichnet und ist seit 2020 Assistenzprofessorin am DBMR der Universität Bern und der Universitätsklinik für Viszerale Chirurgie und Medizin des Inselspitals, wo sie eine Forschungsgruppe leitet.

Der Pfizer Forschungspreis ist einer der bedeutendsten Forschungspreise für Medizin in der Schweiz.